Ein neues Firmenmodell zwischen Gemeinwohl, Eigentumsschutz und Nachfolge
Lange diskutiert, nimmt es nun endlich Gestalt an: Mit dem am 30. August 2025 vom Bundesministerium der Justiz veröffentlichten Referentenentwurf zur Einführung einer „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“ (GmbV) steht ein völlig neues Unternehmensmodell in den Startlöchern, das sich gezielt an Unternehmerinnen und Unternehmer richtet, die ihr Unternehmen dauerhaft vom Privatvermögen entkoppeln und am Gemeinwohl orientiert weitergeben möchten.
Nach jahrelangen Debatten, Pilotinitiativen und juristischen Gutachten scheint sich damit eine Antwort auf die Frage zu ergeben: Wie kann Eigentum in Familienunternehmen langfristig gesichert und zugleich professionalisiert werden, ohne dass es automatisch an Erben oder Investoren fällt?
Was genau ist geplant?
Die neue Gesellschaftsform soll eine rechtsverbindliche Vermögensbindung ermöglichen, ähnlich wie in Stiftungen, jedoch ohne die rigide Konstruktion und ohne Abhängigkeit vom Gemeinnützigkeitsrecht. Sie bietet:
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Haftungsbeschränkung wie bei GmbH oder AG
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Ausschüttungssperre für gebundenes Kapital
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Langfristige Orientierung an Satzungszwecken (z. B. Fortführung des Unternehmens, Mitarbeitersicherung, Innovationsförderung)
Im Kern soll das Vermögen in der Gesellschaft „verankert“ und gegen Veräußerung, Entnahme und Zerschlagung geschützt werden, etwa bei Nachfolge, Insolvenz oder Anteilsverkäufen. Der Gewinn darf verwendet werden, aber nicht zur privaten Vermögensmehrung abgezogen werden.
Die Gesellschaftsform wird damit zu einer Alternative für Unternehmer:innen, die ihr Lebenswerk sichern wollen, ohne sich auf klassische Stiftungslösungen oder den Verkauf an Investoren einzulassen.
Für wen ist die GmbV interessant?
Die GmbV richtet sich insbesondere an:
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Unternehmerfamilien mit fehlender Nachfolge in der Familie
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Impact-orientierte Gründungen
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Nachfolger:innen mit Gemeinwohlfokus
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Eigentümer, die langfristige Strukturen aufbauen wollen, etwa für Innovationsstandorte, Fachkräftesicherung oder soziale Ziele
Zudem soll die Gesellschaftsform auch international anschlussfähig sein, in Anlehnung an ähnliche Modelle wie die „Purpose Company“ (UK) oder die „Gesellschaft in Verantwortungseigentum“ in Dänemark.
Tabelle 1. Vergleich: GmbV vs. GmbH vs. Stiftung (Unternehmenszweck, Vermögensbindung, Flexibilität)
Nächste Schritte
Der Referentenentwurf befindet sich aktuell in der Verbändeanhörung, unter anderem mit Beiträgen des Wirtschaftsrats, des BDI, von UnternehmerTUM, der Stiftung Verantwortungseigentum sowie von Familienunternehmern. Der Regierungsentwurf wird für Q1 2026 erwartet. Eine Verabschiedung noch in dieser Legislaturperiode ist wahrscheinlich, auch aufgrund der parteiübergreifenden Zustimmung.
Einschätzung
Die GmbV ist kein Massenmodell, aber sie ist ein wichtiger Baustein für jene Unternehmen, die bewusst andere Wege in der Nachfolge, der Governance und der Kapitalbindung gehen wollen. Besonders im Kontext wachsender Unsicherheit, wachsenden Investoreninteresses und der gleichzeitigen Gemeinwohldebatte kann sie eine ernsthafte Alternative zur Stiftung darstellen.
Wir bleiben dran und begleiten die Debatte.