Wie Sie mit einer Nachfolgeplanung den Fortbestand Ihres Unternehmens sichern | Christian Neusser

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Nachfolgeplanung – kein Thema, mit dem sich der Unternehmer beschäftigen möchte. Schließlich unterstellt es explizit, dass die Zeit ein Ende haben wird. Sich nicht damit auseinander zu setzen bedeutet allerdings entweder die Unsterblichkeit oder schlichtweg unternehmerisches Desinteresse. Gerade wenn es um den Unternehmer selbst oder andere Schlüsselpositionen geht, sollte eine Nachfolgeplanung unbedingt erstellt werden.

Nachfolgeplanung ist die personelle Roadmap der Unternehmensvision

Jedes Unternehmen sollte in irgendeiner Art und Weise über eine Vision verfügen. Denn ohne diese und damit ohne Ziel droht das Unternehmen im Nirgendwo orientierungslos durch die Gegend zu schleudern. Mit einem Ziel ist ein Anlaufpunkt vorhanden, auf den die Prozesse und das Vorgehen im Unternehmen ausgerichtet werden können.

Das bedarf entsprechend auch einem Backup bei der personellen Besetzung von Schlüsselpositionen. Hierfür gilt es potenzielle Nachfolger zu benennen. Die Kandidaten dazu müssen auf den Notfall entsprechend vorbereitet werden. Nur so ist sichergestellt, dass die Nachfolge reibungslos funktioniert und keine Beeinträchtigungen für das Unternehmen in Kauf genommen werden müssen.

Personalentwicklung von Mitarbeiter – mit dem weiten Blick planen

Immer wieder geraten Klein- und Mittelstandsunternehmen in große Schwierigkeiten. Gerade dann, wenn die Nachfolgeplanung nur obligatorisch oder gar nicht gemacht wurde, steht das Unternehmen führungslos im wirtschaftlichen Umfeld. Und wer nicht weiß, wo er hinwill, wird von den anderen geschubst und verschwindet im Zweifel von Bildfläche.

Dieses Szenario gilt es zu vermeiden. Zu jeder Zeit muss das Unternehmen einerseits einen klaren Weg in Richtung der Ziele der Vision haben und andererseits muss ebenfalls deutlich erkennbar sein, wer das Unternehmen bis dorthin anführt. Und auch dann anführt, wenn die erste Reihe aus nicht vorhersehbaren Gründen ausfällt.

Insofern ist der Prozess der Nachfolgeplanung äußerst komplex und zudem langwierig. Aus einem Pool von Kandidaten den richtigen Nachfolger für eine Position zu finden erscheint simpel. Allerdings hat sich der Arbeitsmarkt im Zuge der vielen digitalen Möglichkeit in den vergangenen Jahren stark verändert. Eine Stelle also auszuschreiben und unzählige Zuschriften geeigneter Nachfolger zu erhalten ist heute eher realitätsfremd.

Einen Potenzial-Pool von Mitarbeitern aufbauen

Was als Beeinträchtigung wirkt, kann der Unternehmer aber in einen Vorteil wandeln. So kann einem Bewerber bereits im Gespräch eine Roadmap seiner Karriere aufgezeigt werden, die grundsätzlich möglich ist. Und der Weg in die Schlüsselpositionen bei KMU ist trotz eines engen Arbeitsmarktes immer noch ein wertvoller Vorteil gegenüber den großen Konzernen. Häufig wird dort die Besetzung von derartigen Positionen grundsätzlich durch externe Bewerber vorgenommen oder interne Kandidaten werden in einem Assessment Center auf ihre Tauglichkeit geprüft.

Folglich hat der Mittelstand hier eigentlich einen großen Vorteil, den es unbedingt zu nutzen gilt. Und wer als Unternehmer die Nachfolge und die Mitarbeiterentwicklung nicht als aktiven Posten in der Vision einbezieht wird früher und später schlimm darüber stolpern. Die Nachfolgeplanung fungiert also als eine Art Lebensversicherung für das Unternehmen. Für das Unternehmen und sein Wert selbst, aber natürlich auch für alle angestellten Mitarbeiter und die dahinter liegenden Familien.

Abhängig von der Größe und der Komplexität des Geschäfts sollte der Unternehmer sein Tagesgeschäft um ein beständiges Recruiting erweitern. Reagiert er erst, wenn der Notfall vorliegt, drängt die Zeit häufig so sehr, dass keine bedachte Entscheidung mehr getroffen werden kann. Zudem steigt das Risiko den falschen Bewerber nicht ausreichend geprüft zu haben. Ob es sich nun um externe oder interne Kandidaten handelt ist zweitrangig. Viel wichtiger ist es für den Fall der Fälle eine Laufbahnplanung mit dem Kandidaten besprochen zu haben, sodass dieser nicht vollkommen unvorbereitet die Nachfolge antreten muss.

Die üblichen Wogen am Arbeitsmarkt in der Nachfolgeplanung berücksichtigen

Heutzutage ist es utopisch zu glauben, dass sich ein Kandidat für ein Leben lang zu einem Unternehmen bekennt. Seit Jahren sinkt die durchschnittliche Verweildauer eines Mitarbeiters bei Unternehmen. Entsprechend gilt es in der Nachfolgeplanung diesen Fakt zu berücksichtigen. Zu jeder Zeit sollten Schlüsselpositionen sofort nachbesetzt werden können.

Dies kann einerseits durch eigenes Personal erfolgen, das im Rahmen der Personalentwicklung auf den Moment vorbereitet wurde. Der große Vorteil liegt dabei darin, dass der Interne bereits mit den Prozessen im Unternehmen vertraut ist.

Geht die Wahl andererseits auf externe Bewerber gilt es diese frühzeitig einzubinden und belastbare Verbindungen aufzubauen. Gerade die Besetzung von Schlüsselpositionen bedeutet oftmals ein Talent aus einem anderen Vertrag zu lösen. Mitunter unterliegt dieser aber entsprechend langen Kündigungsfristen, die es zu beachten gilt.

Und was es auf der einen Seite zu beachten, gilt auch für die eigene, interne Seite. Eigene Mitarbeiter könnten vom Wettbewerb abgeworben werden, die dann einen entsprechenden Personalbedarf verursachen. Also ist der Unternehmer am besten aufgestellt, der seine Schlüsselpositionen bestmöglich besetzt hat, gleichzeitig aber auf einen Notfall durch ein Backup-Szenario vorbereitet ist.
Wer dann erst anfängt die Stelle als vakant auf dem Markt auszuschreiben und sich nicht frühzeitig darum gekümmert hat, kann in große wirtschaftliche Schwierigkeiten mit dem Unternehmen geraten.

-Die Nachfolgeplanung gleicht dem Sparstrumpf zu Hause

Wenn alles schief geht, sollte jeder Haushalt irgendwo eine Notreserve haben. So braucht er keine Angst um eine Existenz haben und kann sich voll auf eine veränderte Zielstellung konzentrieren. Bedauerlicherweise machen das die wenigsten, weshalb der Sparstrumpf oder auch der Notgroschen fast außer Mode gekommen sind.

Unternehmerisch ist das Szenario sehr ähnlich, wenn auch weniger durch bares Geld darzustellen. Allein durch Geld lässt sich ein Unternehmen üblicherweise auch nicht bewirtschaften. Das Kapital und der Mehrwert eines Unternehmens entstehen durch seine Mitarbeiter und Führungskräfte. Also gilt es für diesen Wert des Unternehmens einen Sparstrumpf oder Notgroschen zu bilden.

Schritt #1 der Nachfolgeplanung: Backup bilden

Die Nachfolgeplanung kostet zweifelsfrei Zeit und Geld. Insofern kann eine gute Planung nur dann funktionieren, wenn die entsprechenden Mittel zur Verfügung stehen. Das bedeutet einerseits die Zeit der Unternehmensführung aber andererseits auch die Mittel potenzielle Kandidaten zu locken und anschließend im Rahmen der Laufbahnplanung auch entwickeln zu können.
Mit einem schmalen Euro kommt der Unternehmer hier nicht weit. Es gilt den Mitarbeitern eine Vision zu präsentieren, auf die diese hinarbeiten und sich an ihr orientieren und sich mit ihr identifizieren können. Wer Sicherheit spürt durch Orientierung und Verlässlichkeit, hat weitaus weniger Motivation das Unternehmen zu verlassen. Zudem ist die Personalentwicklung ein modernes Tool der Wertschätzung für Mitarbeiter und nicht nur ein Kostenblock.

So wie zu Hause ein Rücklagenkonto gebildet werden sollte, wenn das Auto kaputt geht oder der Job verloren wird, muss das Unternehmen auch derartige Rücklagen bilden. Dabei hängt die Dimension maßgeblich vom Unternehmen selbst ab. Eine Familie muss auch ein Vielfaches dessen zur Sicherheit zurück legen was ein Student zum Leben braucht. Diese Mittel sind die Grundlage und das Fundament der Nachfolgeplanung.

Schritt #2: Den Ernstfall simulieren

Ein Talent ist gefunden und verpflichtet? Die Laufbahnplanung entspricht dem Wunsch des Bewerbers und Sie sind sich einig? Dann integrieren Sie ihn in das Unternehmen und fordern und fördern sie. Das klingt zwar abgedroschen und althergebracht. Doch willige Menschen wollen ständig lernen und sich weiterentwickeln. Unzufriedenheit stellt sich bei Stillstand und Routine ein. Und genau das gilt es bei einem Talent für eine führende Position im Unternehmen zu vermeiden.
Sofern es notwendige Qualifikationen gibt, die der Kandidat noch zu erbringen hat, sollten sich der Unternehmer aktiv darum bemühen. So wird aus der großen Unternehmensvision eine für den Mitarbeiter klar erkennbare eigene Vision. Gleichzeitig sollte der Unternehmer in dem Moment mit dem Recruiting nicht aufhören. Das Risiko eines Fehltritts, Desinteresse oder auch anderer unvorhersehbarer Ereignisse ist latent vorhanden.

Sind im Rahmen der geplanten Nachfolge die notwendigen Qualifikationen vorhanden, sollte testweise eine Übergabe stattfinden. Das bedeutet nicht, dass der Unternehmer zeitnah ausscheiden muss oder soll. Vielmehr gilt es bei der Übergabe dem Kandidaten die Stelle zu zeigen und ihn frei agieren zu lassen. Längere Urlaub oder auch Auszeiten der Personen in Schlüsselpositionen sind dazu bestens geeignet.

Schritt #3: Die Nachfolgeplanung umsetzen und von vorne beginnen

Ist der Bewerber geeignet und bringt die entsprechende langfristige Motivation mit, sollte er frühzeitig in die Unternehmensführung aufgenommen werden. So ergibt sich für den Unternehmer selbst die Chance sich Freiräume zu schaffen. Gleichzeitig bietet es der Führungskraft die Chance in einer Kooperation die Entscheidungen mitlenken zu dürfen und sich entsprechend einzubringen.
Und dann gilt es die neuen und erweiterten Risiken des Unternehmens zu identifizieren und zu bearbeiten. Vielleicht ist mit einem Talent die direkte Lücke geschlossen und für Sicherheit gesorgt. Dennoch würde sein Ausfall einen anderweitigen Notfall bedeuten, den es dann durch einen entsprechenden Unterbau zu vermeiden gilt.

Klare Struktur und Handlungsweisung bei der Nachfolgeplanung

Abhängig von der Größe und den Mitteln bietet es sich an eine Nachfolgeplanung mindestens für alle Schlüsselpositionen anzustreben. Das bedeutet nicht, dass Unsummen der verfügbaren Ressourcen investiert werden müssen. Es gilt aber das Szenario eines Notfalls soweit abzusichern, dass der Notfall zu keinen größeren Unruhen führt außer einem kurzen Schreckmoment. Dazu gehören neben der Auswahl von geeignetem Personal vor allem das Ausschreiben und Besetzen von Stellen, die vakant sind. Wichtige Positionen sollten potenziell doppelt besetzt sein, sodass ein Ausfall kompensiert werden kann.

Eine große Hilfe dabei ist die Dokumentation sowie die Zugriffsrechte auf elementar wichtige Quellen im Unternehmen. Ein Nachfolger kann nicht helfen, wenn er weder Rechnungen noch Gehälter bezahlen kann oder aber Rohstoffe und Dienstleistungen einkaufen darf. Die Verantwortung für die Prozesse muss folgerichtig gleichermaßen an die zukünftige Nachfolge übergeben werden.

Während das Notfallmanagement an der Stelle vorzugsweise den Notfall und damit den Notgroschen absichert gilt es bei der Nachfolgeplanung sukzessiv die Möglichkeit zu schaffen die Unternehmensleitung an einen Nachfolger zu übergeben. Ein solcher Prozess kann gut und gerne Jahre dauern. Geeignete Kandidaten müssen geprüft und verglichen werden, um eine Stelle zu besetzen. Das ist jedoch erst der Anfang, denn nun gilt es ihn auf die zukünftigen Aufgaben vorzubereiten.


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